VORGESTELLT im BAD SASSENDORF JOURNAL im Juli 2003
 
Ja, macht der denn noch was?
Der kann doch gar nicht ohne Musik: Jochen Gottwalds neue Passion
Von wegen Ruheständler. Ein Schimpfwort wäre das für Jochen Gottwald. Gottwald, Gottwald? Genau der. Der, der die legendären "Gottwald-Singers" zu einer festen Größe im Pop-Geschäft machte und Heintje zu einem Markenbegriff in Deutschland formte. Der, dessen Lebenslauf genauso kunterbunt ist wie sein Charakter. Der, der heute nebenan in Hamm junge Talente sichtet und ihnen den Steigbügel ins Showgeschäft hält.
Kommt Jochen Gottwald, reicht eine Tasse Kaffee nicht. Niemals. Denn der Mann kann erzählen. Wie ein Wasserfall. Was kein Wunder ist. 1947 kommt er nach Soest, verbringt vier Jahre im Flüchtlingslager, wird Fliesenleger und spürt: Ich will in die Musik. Belegt Gesangsstunden bei der Soester Dozentin Gisela Kass-Thomä. Fliegt aus der Lehre, weil er seinem Vater sagt, er wolle Schauspieler werden. Der ist schwer krank zu dieser Zeit und sagt: "Nein". Und das, obwohl sämtliche Vorfahren Gottwalds irgendwie mit der Musik liiert waren.
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Mit Kamera und DVD auf Talentsuche: Jochen Gottwald ist auch nach den "Singers" der Musik treu geblieben.
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"Tja", sagt Jochen Gottwald, "das waren eben harte Zeiten damals.Hätte ich da schon gewusst, dass ich später mal von der Musik hätte leben können - ich glaube, ich hätte mich durchgesetzt." Tat er aber nicht. Spielt in der alten Soester "Taverne" auf der Gitarre und singt dazu, wird nach und nach "bekannt wie ein bunter Hund" (Gottwald über Gottwald) - und beginnt tatsächlich doch noch eine Lehre als Florist, weil seine Frau ihn dazu ermuntert. Wird genommen, weil man ihn mittlerweile kennt in Soest und er vom "Promi-Bonus" profitieren kann
Wird später Gärtner bei der Stadt, wird Personalratsvorsitzender mit weit reichenden Befugnissen und in Augenhöhe mit dem Stadtdirektor, spielt bei verschiedensten Anlässen und schließt sich mit anderen Musikern zusammen.
Er, der keine Note lesen kann und Harry Belafontes Reibeisenstimme drauf hat, beginnt mit seinen Singers eine Parforceritt durch die Pop-Musik. Wird Begleitband von Kinderstar "Heintje" ("Wir haben lange an dem Image zu knabbern gehabt, Heintjes Begleitband zu sein!"), den er zweimal nach Soest holt.
Die Singers werden Hausband im Dortmunder Westfalenpark. Treten in der ganzen Republik und in vielen Radio- und Fernsehsendungen auf und bereisen als erste deutsche Popgruppe den Kaukasus. Spielen dort sechs Konzerte, werden vom Kulturminister empfangen und laufen als Nachrichtenmeldung durch die ganze damalige Sowjetunion. Gottwald liest die "Prawda" - mitten auf dem roten Platz. Und doch: 1997 ist Schluss mit den Gottwald-Singers, die längst zu einer lebenden Legende geworden waren. Gibt's ein Wiedersehen? "Wir haben natürlich noch Kontakt, und vielleicht klappt es irgendwann mit einem Revival", sagt der ehemalige Chef.
1998 ist Frontenwechsel. Von der Bühne hinter die Kamera. Grund: Jochen Gottwald will jungen Menschen Starthilfe geben und sich auf seine Weise bei der Musik, die sein Leben ausmacht, bedanken. Mit Videostudio ausgerüstet, dreht er Musikvideos mit hoffnungsvollen Talenten, die er als Scout einer Plattenfirma auftut und entdeckt. "Ich mache das komplett kostenlos, nur aus Liebe zur Musik", räumt er ein. Er kooperiert mit dem Musikproduzenten Mathias Duddeck von TrusTmusic, Medientechniker Daniel McNamara sorgt für die richtigen Special Effects und Dr. Monika Gottwald für die Computeranimation. Gottwald selbst steht hinter der Kamera, inszeniert, gibt Tipps und sorgt dafür, dass die Musik-DVDs in den TV-Kanälen laufen. Dabei kann Gottwald dem Ballyhoo um die neuen Superstars einiges abgewinnen: "Doch, die können was. Und vor allen Dingen spielen sie wieder richtige, ganz normale Musik." Noch etwas? Ja, dieses hier: "Ich habe 40 Jahre davon geträumt, was Sasha in zwei Jahren geschaftt hat." Sein Rückblick klingt nicht böse.

Gottwald und die Prominenten:
Sie ziehen sich wie ein roter Faden durch sein Leben, und Jochen Gottwald hat sie alle zuhause auf einer großen Pinnwand verewigt. Da treffen sich Fernseh-Heroen wie Mutter Beimer alias Marie-Luise Marjan, Manfred Krug, Hans Rosenthal, Harald Juhnke oder der mehrfache Grand-Prix-Sieger Johnny Logan aus Irland. Damit aber nicht genug: Auch zu Friedrich Nowottny, dem ehemaligen "Bericht aus Bonn"-Moderatoren und späteren WDR-Intendanten unterhält Gottwald ebenso gute beziehungen wie zu Sport-Urgestein Dieter Kürten. Ganz persönlich war der langjährige Kontakt zu Fußball-Weltmeister Fritz Walter.
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