Samstag / Sonntag 18. / 19. Mai 2002
 



Jochen Gottwald feierte mit seiner Show- und Tanzband deutschlandweit Erfolge. Heute wirkt er hinter den Kulissen.








Von
Andreas Dürr
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Unterhaltungsmensch

Jochen Gottwald möchte als Musik-Produzent die Talente "nur anschieben"

In seinem Aufnahmestudio produziert Jochen Gottwald Videos für Nachwuchstalente. Mehr als 40 Jahre stand der Musiker selbst im Rampenlicht. Fotos: Mark Allan

Ganz egal, wo ich bin, irgendwer kriegt mich immer am Wickel. Erkennt mich. Und fragt mich dann: "Machst du eigentlich immer noch Musik?" Und die Antwort? Nein, Musik macht Jochen Gottwald schon lange nicht mehr. Seit August 1996, um genau zu sein, als seine "Gottwald-Singers" nach genau 25 Jahren im Hammer Maximilianpark endgültig von der Bühne abtraten. Aber immer noch steckt -natürlich- jede Menge Musik in dem Entertainer Jochen Gottwald, der mit seiner Show- und Tanzband deutschlandweit größte Erfolge feierte, der als erster westlicher Pop-Musiker 1990 durch Georgien und den Kaukasus tourte und der 43 Jahre lang mit allen Größen der Branche landauf, landab Bühnen, Fernsehstudios und Aufnahmeräume teilte. Und irgendwie hat Jochen Gottwald natürlich auch heute mit Musik zu tun - hinter den Kulissen, als Produzent.
Wer die Karriere des gelernten Fliesenlegers nachvollzieht, der später zum Gärtner umsattelte und sich schließlich als Personalratsvorsitzender in Soest engagierte, den wundert auch diese ungewöhnliche Vorruhestandsbeschäftigung nicht. Klar hätte Gottwald sich in seinem Büro einschließen können, das mit unzähligen Fotos tapeziert ist, die ihn selbst neben wiederum unzähligen Prominenten zeigen - neben Friedrich Novottny, neben Manfred Krug, neben "Mutter Beimer" (mit der er auch eine Platte gemacht hat), neben Heintje, mit dem er auf Tournee war...
Einem quicklebendigen Unterhaltungsmenschen, der mit seiner Moderation randvolle Fußballstadien begeistern konnte, der mit seiner Ausstrahlung auch heute noch jeden Raum füllt, den er betritt, und der ganz selbstverständlich und völlig unaufdringlich zum Mittelpunkt wird, sobald er irgendwo auftaucht, war das denn aber doch nicht genug.
Schon beim Abschied von der Bühne hatte er sich vorgenommen, künftig mehr Zeit in seine Hobbies zu investieren - ins Fotografieren und vor allem ins Filmen. Mittlerweile ist aus dem Filmen aber fast schon wieder ein Full-Time-Job geworden, wenn auch nicht zum Broterwerb. Kurzerhand richtete sich Gottwald in seinem Haus nämlich ein kleines Aufnahmestudio samt Schneideplatz ein und produziert dort Videos für Nachwuchstalente. Dank seiner guten Kontakte -etwa zu dem niederländischen Music-Producer Fred Limpens oder zum Komponisten John Holmes- ist an aufstrebenden Nachwuchs-Sängerinnen und Sängern kein Mangel. Die brauchen nämlich, wenn sie bei Plattenfirmen, Rundfunkanstalten oder Fernsehsendern weiterkommen wollen, längst viel mehr als die legendäre Demo-Cassette - ein Video am besten, auf dem der künftige Schlagerstar neben seinen Sangesqualitäten schon einmal präsentiert, was er "optisch" drauf hat und wie er rüberkommt.
Jochen Gottwald macht's - CD eingelegt (notfalls wird im holländischen Weert eine produziert), Kamera an, langwierige Schneide- und Effektarbeit ("Ich hab doch alle Zeit der Welt") - und der Karriere der jungen Talente steht nichts mehr im Wege.
Wie etwa bei Susanne Vogel, die mit ihrer Ballade "I wanna be with you tonight" (geschrieben wiederum von Fred Limpens) werben ging und einen Abnehmer suchte. Auch für die 22-jährige Amorbacherin produzierte Jochen Gottwald ein Vorstell-Video. Mit Erfolg: Susanne Vogel hat mittlerweile vier Radiosendungen, zahllose CD-Vorstellungen und Interviews hinter sich. "Außerdem", erzählt Jochen Gottwald stolz, "hat sie im März in Nürnberg ihren ersten Fernsehauftritt absolviert, war beim Casting für ein Musical und hat die Einladung einer großen Plattenfirma bekommen."
Wie geht's weiter? "Meine Mission ist an dieser Stelle erfüllt", sagt Jochen Gottwald. "Ich möchte die jungen Talente nur anschieben, alles andere gestalten die Profis."
Wenn Jochen Gottwald gefragt wird, ob er immer noch Musik macht - dann wäre ein Nein vielleicht doch die falsche Antwort.


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